Bildungsschatz Bibel

8. Der Neuanfang
(538-333 v. Chr.)

| Esra | Nehemia | Haggai | Sacharja | Maleachi | Joel | Jona | Judit |

Nach dem Tod Nebukadnezars verliert Babylon an Macht. Eine neue Herrschaft kommt nach oben: die Perser unter Kyros II. 539 nimmt er die Stadt Babylon ein. Die Deportierten aus Israel dürfen nach Hause und können sogar den von Nebukadnezar geplünderten Tempelschatz mitnehmen.

Es ist nicht bekannt, wieviele Exulanten tatsächlich zurückgingen. Einige waren in Babylon zu Wohlstand gekommen und scheuten den Neuanfang in einem zerstörten Land. Die Verhältnisse der Rückkehrer dürften auch ärmlich gewesen sein.

Der Prophet Haggai setzt sich für einen schnellen Wiederaufbau des Tempels ein. Grund der misslichen Lage in der Heimat sei, dass er noch nicht stehe. Erst im Jahr 515 kann der Tempel wieder eingeweiht werden. Die Hilfe der Samaritaner, also der Einwohner des ehemaligen Nordreichs, die sich mit Deportierten aus dem Reich der Assyrer vermischt hatten, wird abgelehnt. Der Tempel wird erst 515 fertig gestellt und eingeweiht.

Eine zweite Rückkehrwelle folgt hundert Jahre später unter Esra und Nehemia. Sie helfen beim Wiederaufbau Jerusalems und bei der geistigen und moralischen Erneuerung. Zu schnell ist das Exil vergessen, zu schnell verfällt man in den alten, sündigen Alltag.





Motiv: Prinzip Hoffnung

In den Spätschriften des Alten Testaments wird angesichts großen Leids die Hoffnung auf eine neue Welt thematisiert. Die 'Apokalyptik', eine völlig neue Gattung in den Spätschriften, baut diese Erwartung aus. Sie ist die Basis für das NT.

Johannes der Täufer und Jesus gehen davon aus, dass das Ende der Welt bald erreicht ist. Sie mahnen zur Wachsamkeit und zur Entscheidung... und machen Hoffnung.

Jesus und das Urchristentum gehen noch einen Schritt weiter. Sie leben in der Überzeugung, dass die Schwelle zum neuen Leben schon überschritten ist, dass das Reich Gottes also schon jetzt angebrochen ist ('präsentische Eschatologie') und sie im neuen Leben wandeln. Gleichzeitig wirken aber noch die Kräfte der alten Welt. Der Christ ist demnach ein Bürger zweier Welten, hin und her gerissen zwischen Sarx (Fleisch) und Pneuma (Geist).



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Tritojesaja (Jes.56-66)

nimmt vor 520 die Trostbotschaft seines Lehrers Deuterojesaja auf. Er muss sich vor allem mit dem Kleinglauben des Volkes auseinandersetzen: "Ist Jahwes Arm zu kurz?" (Jes.59,1) Nein, ist die Antwort, wenn das Volk sich bekehrt, wird Jerusalem zum Licht der Heiden werden. Auch Tritojesaja erwartet einen Boten Gottes, der den "Zerbrochenen" das Heil bringt (Jes.61,1-2).


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Haggai

(520 v.Chr.) drängt den Statthalter Serubbabel und den Hohenpriester Josua, endlich den Bau des Tempels zu vollenden; dann wird Gott gnädig sein (2,18). In Serubbabel sieht H. den Gottesknecht, den Deuterojesaja angekündigt hat: er wird die mächtigen Königreiche besiegen (2,20-23). Serubbabel ist nie König geworden.


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Sacharja

(520-518 v.Chr.) setzt sich ebenfalls dafür ein, dass der Tempel gebaut wird (statt der Stadtmauer: 2,8!). In seinen Visionen sieht S. Serubbabel und Josua als die beiden "Gesalbten" vor dem Herrn der Erde stehen - König und Priester regieren Israel gemeinsam (Sach.4,1-14). Die Nachtgesichte Kap.1-6 erinnern in vielem an die Offenbarung des Johannes. Auch Sacharja sieht die weltweiten Zeichen des neuen Handelns Gottes: Engel durchziehen die Welt und erinnern Gott daran, sich über Israel zu erbarmen (1,12). Der Tempel wird neu vermessen, und der Hohepriester Josua, vom Satan verklagt, wird von Gott rehabilitiert (Kap.3. Der Satan=Versucher ist eine Gestalt, die aus der persischen Religion stammt und erst zu diesem Zeitpunkt in das Alte Testament hineinkommt!)


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Maleachi

ist in der Zeit zwischen 500 und 450 anzusiedeln. Der Prophet setzt sich ausschließlich mit innergemeindlichen Missständen auseinander (nachlässige Priester, Mischehen Kap.2) und kündigt einen Tag des Gerichtes an ("Tag des Herrn"), dem ein Bote vorausgehen wird (3,23).


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Joel

Noch später ist wohl Joel aufgetreten. Der Wiederaufbau des Tempels und der Stadt Jerusalem sind abgeschlossen. Hauptpunkt der Verkündigung ist ebenfalls der "Tag des Herrn" (Kap.1). Die Ankündigung des Heiligen Geistes, der über alle kommen soll, ist wörtlich in der Pfingstgeschichte zitiert (Jo.3,1-5 / Apg.2,16-21 »»).


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Jona

Auch das Buch Jona dürfte aus nachexilischer Zeit stammen. Es gehört formal nicht zu den prophetischen Büchern, sondern zu den Prophetenerzählungen, die es in Israel in grosser Zahl gab. Sie handelt von einem Gottesmann, der - vom Standpunkt des Erzählers aus - in sagenhafter Vorzeit gelebt hat und der den Auftrag hatte, in Ninive, der Hauptstadt der Assyrer, zu predigen. Interessanterweise sind es in dieser Geschichte die Heiden und nicht der Prophet, die spontan Gott gehorchen!


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Judit

Das Buch Judit erzählt von der Bedrohung des jüdischen Volkes durch einen Feldzug der Assyrer unter der Führung des Feldherrn Holofernes und von der wunderbaren Errettung durch die Heldentat der frommen Witwe Judit. Gott hilft seinem mit der militärisch überlegenen Weltmacht konfrontierten Volk nicht durch die Macht von Truppen, sondern durch eine waffenlose Frau, die den Gegner mit seinem eigenen Schwert enthauptet. Der Vorgang erinnert an die Erzählung von David und Goliat.

Die Geschichte spielt in der Zeit nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil (538 v.Ghr.) und dem Wiederaufbau des Tempels. Die historischen Angaben stimmen damit jedoch nicht überein: So regierte der angeblich assyrische König Nebukadnezzar 604-562 v.Chr. in Babylonien; seine angebliche Residenz Ninive war bereits 612 zerstört. Allerdings gab es um 350 v. Chr. einen Feldzug von Artaxerxes III. gegen Agypten, in dem ein General Orofernes eine Rolle spielt. Man kann daher annehmen, dass das Buch Judit auf historische Ereignisse und Personen Bezug nimmt, sie aber zu Bestandteilen einer neuen, eigenen Geschichte macht, mittels derer der Verfasser in den Auseinandersetzungen der Makkabäerzeit seinen bedrängten Glaubensgenossen Mut zum Durchhalten und zum Vertrauen auf Gottes Hilfe zu machen sucht bzw. den Sieg der makkabäischen Erhebung verherrlicht.

Das Buch ist gegen 100 v.Chr. entstanden. Sein Verfasser, der wohl zu den gesetzestreuen Juden gehörte, ist unbekannt. Ursprünglich in Hebräisch abgefasst, ist das Buch nur in griechischer Sprache überliefert.


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Das Chronistische Geschichtswerk

besteht aus den Büchern 1./2.Chronik, Esra und Nehemia. Der Verfasser ("Chronist" genannt) dürfte allerdings erst im 4.Jahrhundert v.Chr. gelebt haben; er schreibt also aus einem zeitlichen Abstand von 200 Jahren, wobei er allerdings alte Chroniken mitverwendet. Das erklärt einige historische Ungereimtheiten in der Darstellung:

Historisch ist die folgende Abfolge die wahrscheinlichste: Nehemia, bis dahin Mundschenk König Artaxerxes I, wird 445 nach Jerusalem gesandt mit dem Auftrag, die Stadt und besonders die Stadtmauer wieder aufbauen zu lassen (Neh.2). Der Schriftgelehrte Esra dürfte erst unter Artaxerxes II (404-359) im Jahr 398 nach Jerusalem gekommen sein und dort sein religiöses Reformwerk durchgeführt haben.

Die Bedeutung Esras liegt darin, das er im Auftrag des persischen Königs das "Gesetz des Gottes des Himmels" (Esr.7,12) in Juda einführte. Dabei dürfte es sich um die 5 Bücher Mose (die "Thora") in ihrer heutigen Gestalt gehandelt haben, die im Exil aus Jahwist, Priesterschrift, Deuteronium und anderen Quellen zusammengestellt worden war. Von nun an soll das gottesdienstliche wie das politische Leben entsprechend diesen Geboten gehandhabt werden. Besonders verpflichtet Esra das Volk zur Sabbatheiligung, zum Schuldenerlass im "Sabbatjahr" und zur Bezahlung des Tempeldienstes; Mischehen mit anderen Völkern werden verboten (Neh.10).

Damit wird das Judentum zur Gesetzesreligion. Das Gesetz regelt alle Bereiche des täglichen Lebens. Dazu ist aber eine verbindliche Auslegung der Gebote nötig; so entsteht der neue Stand der Schriftgelehrten. Da nun nicht mehr die Zugehörigkeit zum Volk, sondern die Gesetzeserfüllung zentral ist, können auch Angehörige fremder Volker am Tempelkult teilnehmen. Sie werden als "Proselyten"= Dazugekommene bezeichnet (Luther übersetzt "Judengenossen", Mt.23,15). Zeichen ihres Beitritts zum Judentum ist die Beschneidung. Apg.8 zeigt, dass es im 1.Jahrhundert n.Chr. bereits jüdische Proselyten im heutigen Äthiopien gab. So wird der alttestamentliche Glaube über die Grenzen Israels verbreitet. Gleichzeitig trennt das Gesetz die Juden aber auch von anderen Völkern. Das hat ihnen im Exil geholfen, ihre Eigenheit zu bewahren; es wird in der Zukunft aber immer wieder zu Verfolgungen führen.




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